Fake News: Wie sich Medien und Publikum gegen Falschmeldungen wehren

PM 07/2017

Saar­brü­cken, 24. März 2017: Im Kontext der aktu­el­len Dis­kus­si­on um den Ein­fluss von Fake News auf den Mei­nungs­bil­dungs­pro­zess hat die Lan­des­me­di­en­an­stalt Saar­land am 23. März 2017 zum Medi­en­ge­spräch mit dem The­ma „Fake News – Mani­pu­la­ti­on durch Falsch­mel­dun­gen“ ein­ge­la­den. Über 70 Gäs­te aus Jour­na­lis­mus und öffent­li­chem Leben sowie Medi­en­in­ter­es­sier­te tra­fen sich zu einer anre­gen­den Dis­kus­si­on in Saarbrücken.

Mit dem Chef­re­dak­teur der Saar­brü­cker Zei­tung, Peter Ste­fan Herbst, und Prof. Dr. Katha­ri­na Zweig, Infor­ma­ti­ke­rin an der TU Kai­sers­lau­tern, konn­te LMS-Direktor Uwe Con­radt zwei aus­ge­wie­se­ne Fach­leu­te für das 2. LMS-Mediengespräch gewin­nen.Uwe Con­radt führ­te in einer Prä­sen­ta­ti­on eini­ge anschau­li­che Bei­spie­le von Falsch­mel­dun­gen vor. Er nahm Bezug auch auf Mel­dun­gen, die in der US Prä­si­dent­schafts­wahl teil­wei­se mil­lio­nen­fach über Sozia­le Netz­wer­ke geteilt wur­den. „Sozia­le Netz­wer­ke neh­men immer stär­ker Ein­fluss auf die öffent­li­che Mei­nungs­bil­dung. Auf die Ver­brei­tung von Falsch­mel­dun­gen muss mit sinn­vol­len Maß­nah­men reagiert wer­den, denn nur so kann die freie und umfas­sen­de Mei­nungs­bil­dung durch Medi­en auch zukünf­tig gewähr­leis­tet wer­den. Die staats­fern orga­ni­sier­ten Lan­des­me­di­en­an­stal­ten über­prü­fen im Bereich des Rund­funks anlass­be­zo­gen die Ein­hal­tung der jour­na­lis­ti­schen Sorg­falts­pflicht und über­neh­men mit Blick auf Fake News im Inter­net durch die För­de­rung der Medi­en­kom­pe­tenz auch hier eine wich­ti­ge Auf­ga­be. Aus Sicht der Lan­des­me­di­en­an­stal­ten besteht im Bereich der Online-Medi­en eine Rege­lungs­lü­cke bezüg­lich journalistisch-redaktioneller Ange­bo­te, die es zu schlie­ßen gilt, um auch in Zukunft eine Medi­en­ord­nung zu gewähr­leis­ten, in der die Viel­falt der bestehen­den Mei­nun­gen mög­lichst breit und voll­stän­dig Aus­druck fin­det. Auch müs­sen die rele­van­ten sozia­len Netz­wer­ke zur Schaf­fung leis­tungs­fä­hi­ger Ansprech­stel­len ver­pflich­tet wer­den.“ Im Umgang mit Falsch­mel­dun­gen sei aber durch­aus ein Lern­pro­zess bei Ver­wal­tun­gen und tra­di­tio­nel­len Medi­en zu ver­zeich­nen. Durch eine schnel­le Reak­ti­on könn­ten fal­sche Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen und Unter­stel­lun­gen kaum Raum gewinnen.

Peter Ste­fan Herbst berich­te­te aus dem Redak­ti­ons­all­tag der Saar­brü­cker Zei­tung, setz­te sich in sei­nem Vor­trag mit dem Vor­wurf der Lügen­pres­se aus­ein­an­der und gab Anre­gun­gen zum Umgang von Medi­en und Nut­zern mit die­sen Angrif­fen auf die eta­blier­ten Medi­en. „Jour­na­lis­ten und Medi­en sind gut bera­ten, sich seriö­ser Kri­tik offen­siv zu stel­len und Selbst­kri­tik zu pfle­gen.“ Ihren Qua­li­täts­an­spruch müss­ten sie mit soli­dem Hand­werk und kla­rer Hal­tung bele­gen. „Sozia­le Medi­en dage­gen wer­den häu­fig als Ver­brei­tungs­ka­nal für aso­zia­le Bot­schaf­ten miss­braucht und kön­nen im Extrem­fall wie ein Brand­be­schleu­ni­ger für übels­te Het­ze wirken.“

Katha­ri­na Zweig stell­te in ihrem Bei­trag die Fra­ge: Haben Algo­rith­men maß­geb­lich die Prä­si­dent­schafts­wahl in Ame­ri­ka beein­flusst? „Ver­däch­ti­ge gab es vie­le: von Goog­le über Cam­bridge Ana­ly­ti­ca zu Face­book und Fake News Blog­gern aus Maze­do­ni­en.“ Um sich die­ser Fra­ge zu nähern, sei das „Klei­ne ABC der Infor­ma­tik” not­wen­dig, das Wis­sen über A wie Algo­rith­men, B wie Big Data und C wie Com­pu­ter­in­tel­li­genz. Prof. Zweig gab einen Ein­blick in die­se Grund­la­gen und erklär­te dann, war­um Algo­rith­men immer wie­der in den Ver­dacht gera­ten uns zu mani­pu­lie­ren. Sie zeig­te sich sicher: „Wir brau­chen eine fak­ten­ba­sier­te Dis­kus­si­on der Phä­no­me­ne — dazu fehlt im Moment vor allen Din­gen die Grund­la­gen­for­schung, eine brei­te, gesamt­ge­sell­schaft­li­che Dis­kus­si­on und ver­mut­lich auch eine demo­kra­tisch legi­ti­mier­te Kon­troll­in­stanz.” Die Mit­be­grün­de­rin von Algo­rithm Watch ver­band mit ihrem Vor­trag das Ziel, dem gesell­schaft­li­chen Dis­kurs die nöti­ge Basis zu ver­schaf­fen und auf­zu­zei­gen, wo Wis­sens­lü­cken zu die­sem The­ma bestehen.

Nach einer gemein­sa­men Dis­kus­si­on mit den Impuls­ge­bern und dem Publi­kum konn­te Uwe Con­radt fest­stel­len: „Wir ste­hen Falsch­mel­dun­gen, Verschwörungs­theorien und Pro­pa­gan­da nicht macht­los gegen­über. In einer offe­nen und demo­kra­ti­schen Gesell­schaft wer­den sich Mecha­nis­men der kri­ti­schen Über­prü­fung ent­wi­ckeln, um Falsch­mel­dun­gen als sol­che zu ent­lar­ven und Verschwörungs­theorien früh­zei­tig zu begeg­nen. Auf­merk­sa­me Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sind dabei eben­so gefor­dert wie die Medi­en selbst. Ins­be­son­de­re auch die Betrei­ber soge­nann­ter sozia­ler Medi­en müs­sen noch stär­ker als bis­her in die Ver­ant­wor­tung genom­men wer­den. Sie müs­sen schnel­ler auf Hin­wei­se reagie­ren und in den Ange­bo­ten selbst tech­ni­sche Vor­keh­run­gen des Nut­zer­schut­zes implementieren.“

Hier geht es zu den Prä­sen­ta­tio­nen.

Im Nach­gang zu die­ser Ver­an­stal­tung bie­tet das Medi­en­Kom­pe­tenz­Zen­trum der LMS einen Work­shop an: Fak­ten statt Fakes: Wor­an erkennt man Falsch­mel­dun­gen im Inter­net? am 06. April 2017 von 17 bis 19 Uhr. Mehr Infor­ma­tio­nen und Anmel­dung hier.

Kon­takt für Presseanfragen:
Vio­la Betz
Pres­se­spre­che­rin / Lei­te­rin des Büros des Direktors

Fotos © LMS/Carsten Simon:

  • Uwe Con­radt, Katha­ri­na Zweig, Peter Ste­fan Herbst
  • Ver­an­stal­tung Fake News
24. März 2017