Ein Dialog über Macht, Medien und Meinungsbildung

LMS Medienabend 2017

PM 18/2017

Saar­brü­cken, 30. Juni 2017: „Freie Welt in Gefahr? Wer beein­flusst, wie wir die Welt sehen?“ Unter die­sem Mot­to stand der dies­jäh­ri­ge Medi­en­abend der Lan­des­me­di­en­an­stalt Saar­land (LMS) in der Bel éta­ge am Deutsch-Französischen Gar­ten in Saar­brü­cken. Im Vor­feld der Bun­des­tags­wah­len freu­te sich der Direk­tor der LMS beson­ders, als Ver­tre­ter der Poli­tik den Chef des Bun­des­kanz­ler­am­tes und Bun­des­mi­nis­ter für beson­de­re Auf­ga­ben, Peter Alt­mai­er, begrü­ßen zu kön­nen. „Peter Alt­mai­er ist für uns an die­sem Abend sowohl in sei­nen regie­rungs­amt­li­chen Funk­tio­nen ein wert­vol­ler Gesprächs­part­ner, aber auch als medi­en­er­fah­re­ner und medi­en­af­fi­ner Demo­krat und Abge­ord­ne­ter des Bun­des­ta­ges“, so Uwe Con­radt.

Zusam­men mit der Wis­sen­schaft­le­rin Prof. Dr. Katha­ri­na Zweig, dem Vor­sit­zen­den des Medi­en­rats der LMS, Prof. Dr. Ste­phan Ory, und Uwe Con­radt führ­te Alt­mai­er einen Dia­log zum Wan­del der Medi­en­nut­zung, über Gefah­ren der Mei­nungs­ma­ni­pu­la­ti­on und Ver­än­de­run­gen von Mei­nungs­bil­dungs­pro­zes­sen durch sozia­le Medien.

Peter Alt­mai­er bezog in sei­ne Per­spek­ti­ve auch über­grei­fen­de Fra­gen ein. Ins­ge­samt sehe sich die Frei­heit in der Welt per­ma­nent Bedro­hun­gen aus­ge­setzt und müs­se aktiv gegen anti­de­mo­kra­ti­sche Angrif­fe ver­tei­digt wer­den. „Frei­en Medi­en kommt in die­ser Aus­ein­an­der­set­zung eine Schlüs­sel­rol­le zu, wes­halb welt­weit Medi­en­un­ter­neh­men und Medi­en­schaf­fen­de oft zu den ers­ten Ziel­ob­jek­ten von Extre­mis­ten, Dog­ma­ti­kern und Auto­kra­ten gehören.“

Ande­rer­seits sei­en die Medi­en sel­ber auch Akteu­re der Mei­nungs­bil­dung und hät­ten in gewis­sem Maße auch Wah­len beein­flusst. Ein­fluss­nah­men auf die poli­ti­sche Wil­lens­bil­dung erfolg­ten schon immer auch aus dem Aus­land. Dies betref­fe natür­lich auch die Bun­des­tags­wahl. Neu sei aller­dings der ver­deck­te Ein­satz von Akteu­ren, Trol­len und Bots ins­be­son­de­re in sozia­len Netz­wer­ken und der Ver­such, mit Leaks und Fake-News kurz­fris­tig Stim­mungs­la­gen zu schaf­fen. Es sei des­halb nicht aus­ge­schlos­sen, dass aus­län­di­sche Geheim­diens­te ver­such­ten, auch Ein­fluss auf die Bun­des­tags­wahl zu neh­men. Hier sei Wach­sam­keit der Diens­te für die Abwehr eben­so wich­tig wie kri­ti­sche Kom­pe­tenz der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger bei der Bewer­tung von nicht über­prüf­ten Mel­dun­gen oder unüber­prüf­ba­ren Inhalten.

Die Infor­ma­ti­ke­rin Katha­ri­na Zweig erwei­ter­te die­se The­ma­tik mit Blick auf die Funk­ti­ons­wei­sen der Online-Kommunikation aus der Sicht der Wis­sen­schaft und als Mit­grün­de­rin der Initia­ti­ve ‚Algo­rithm Watch‘: „Der Ein­fluss, den Such­ma­schi­nen auf unse­re Mei­nungs­bil­dung haben, ist unklar, aber er ist ver­mut­lich klei­ner als momen­tan spe­ku­liert wird. Natür­lich kön­nen sie zur geziel­ten Ver­zer­rung über die Nach­rich­ten­la­ge über eine Per­son genutzt wer­den — und zwar ins­be­son­de­re auch von Drit­ten, die dafür Fal­sch­nach­rich­ten so ver­lin­ken, dass die Algo­rith­men sie für rele­vant hal­ten. Am Ende gilt es aber, die Pro­du­zen­ten von Fal­sch­nach­rich­ten zu fin­den und ihre Geschäfts­mo­del­le zu ver­ste­hen bzw. poli­ti­sche Moti­ve hin­ter Falsch­in­for­ma­tio­nen zu ent­lar­ven.” Einen Bei­trag zur Auf­klä­rung und ggf. Ent­lar­vung sol­cher Struk­tu­ren kön­ne auch die For­schung leis­ten. Sie sei des­halb dank­bar, dass sich die LMS zusam­men mit wei­te­ren Lan­des­me­di­en­an­stal­ten bun­des­weit für ent­spre­chen­de For­schungs­pro­jek­te enga­gie­re und vor Ort Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen für die Fach­welt und die inter­es­sier­te Öffent­lich­keit anbiete.

Prof. Dr. Ste­phan Ory beton­te als Vor­sit­zen­der des Medi­en­rats der LMS die Rol­le der Medi­en­an­stal­ten als Wah­rer der Inter­es­sen der All­ge­mein­heit und der Gre­mi­en als Reprä­sen­tan­ten einer plu­ra­lis­ti­schen Gesell­schaft. Den Medi­en kom­me die Auf­ga­be zu, die Viel­falt der The­men, der Fak­ten und der Mei­nun­gen in der Gesell­schaft abzu­bil­den. Die Medi­en­an­stal­ten müss­ten die Rah­men­be­din­gun­gen für elek­tro­ni­sche Medi­en stär­ken, damit sie die­ser Auf­ga­be nach­kom­men kön­nen. Das gel­te gera­de im loka­len und regio­na­len Bereich: „Die Bericht­erstat­tung ist hier beson­ders anspruchs­voll – der Hörer oder Leser merkt schnell, wenn ein The­ma aus­ge­las­sen wird oder Sach­ver­hal­te nicht voll­stän­dig berück­sich­tigt sind. Dann schwin­det das Ver­trau­en in die Medi­en. Die klas­si­schen jour­na­lis­ti­schen Grund­sät­ze sind stark genug, auch die Dis­kus­si­on um Fake-News zu meis­tern. Die Struk­tu­ren, die die Medi­en­an­stal­ten unter­stüt­zen, müs­sen die Anwen­dung die­ser Grund­sät­ze sicherstellen.“

Der Direk­tor der LMS, Uwe Con­radt, skiz­zier­te eini­ge wesent­li­che Hand­lungs­fel­der der LMS: „Für Regu­lie­rung und Auf­sicht sind ange­sichts neu­er kon­ver­gen­ter Ange­bots­for­men neue Her­aus­for­de­run­gen ent­stan­den, an denen kon­ti­nu­ier­lich zu arbei­ten ist. Obers­te Maxi­me unse­res Han­delns bil­det dabei die Gewähr­leis­tung von Mei­nungs­frei­heit und Mei­nungs­viel­falt. Sie sind wesent­li­che Vor­aus­set­zung für Demo­kra­tie und Rechts­staat.“ Digi­ta­li­sie­rung der Ver­brei­tungs­we­ge und Glo­ba­li­sie­rung der Märk­te dürf­ten nicht dazu füh­ren, dass weni­ge Play­er zu Gate­kee­pern wür­den, nicht nur für Geschäfts­mo­del­le, son­dern auch für Inhal­te und Mei­nun­gen. „Wir müs­sen wach­sam sein, dass durch Regu­lie­rung von Platt­for­men und Net­zen ein frei­er Markt­zu­tritt und dis­kri­mi­nie­rungs­frei­er Wett­be­werb gewähr­leis­tet wird. Wie gra­vie­rend Ver­zer­run­gen wir­ken kön­nen, zeigt bei­spiel­haft die mil­li­ar­den­schwe­re Kar­tell­bu­ße, die durch die EU-Kommission gegen den Inter­net­kon­zern Goog­le ver­hängt wur­de. Gegen­stand hier­bei war das Wett­be­werbs­recht und damit auch der Schutz der Ver­brau­cher. Was aber, wenn ein Play­er die­ser Grö­ßen­ord­nung Ein­fluss nimmt auf die Mei­nungs­macht? Kön­nen wir es uns dann noch leis­ten, für ein sol­ches Ver­fah­ren acht Jah­re ins Land gehen zu las­sen?“ Hier sei ein prä­ven­ti­ves Vor­ge­hen unab­ding­bar. Trans­pa­renz­ge­bo­te müss­ten erar­bei­tet wer­den auf der Grund­la­ge einer soli­den Ana­ly­se bestehen­der Struk­tu­ren. „Freie Medi­en sind für die Demo­kra­tie so wich­tig wie Lebens­mit­tel für den Men­schen. Der Ein­satz für ihre Qua­li­tät und freie Zugäng­lich­keit lohnt sich!“

Durch die Ver­an­stal­tung führ­te Radio-Salü-Moderator Klaus Dittrich.

 

Kon­takt für Presseanfragen:

Vio­la Betz
Pres­se­spre­che­rin / Lei­te­rin des Büros des Direktors

3. Juli 2017