PM 31/2019
Saarbrücken, 28. Oktober 2019: Anlässlich des historischen Jubiläums der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949, der Montagsdemonstrationen und des Mauerfalls 1989 hatten die Landesmedienanstalt Saarland (LMS), die Siebenpfeiffer-Stiftung und der Saarländische Journalistenverband (SJV) eingeladen, im Rahmen der Reihe #Pressefreiheit die heutige Funktion von Journalismus und freien Medien für die Demokratie und die Bedeutung von Qualitätsjournalismus und Pressefreiheit als Grundlage für die Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt zu beleuchten.
Die Vorsitzende der Saarländischen Journalistenverbandes (SJV), Ulli Wagner, konnte zahlreiche Besucher aus Politik und Gesellschaft sowie Medienschaffende zu diesem Dialog über die Rolle freier Medien für die Demokratie begrüßen und erklärte, „Artikel 5 des Grundgesetzes ist bis heute ein unschätzbares Privileg und auch in digitalen Zeiten eine Verpflichtung für Journalistinnen und Journalisten“.
Diese Veranstaltung fand im Rahmen der Aktion „bürgernaher Landtag“ statt. Dessen Präsident, Gastgeber Stephan Toscani, erklärte: „Journalistinnen und Journalisten zeigen Bürgerinnen und Bürgern die Defizite und Fehlentwicklungen, die auch in unserem demokratischen System entstehen können. Freie Medien helfen Bürgerinnen und Bürgern dabei, politische Zusammenhänge zu verstehen. Die Stärke der parlamentarischen Demokratie besteht darin, Fehlentwicklungen zu korrigieren und aus Fehlern zu lernen. Das ist ein entscheidender Unterschied gegenüber anderen politischen Systemen.“
Unter dem Motto „Freiheit nutzen – Freiheit schützen“ stellten Sonja von Struve und Alexander Stock von der Hauptabteilung Kommunikation das ZDF-Projekt #unserefreiheit vor, mit dem noch bis zu 09. November Antworten gegeben werden auf Fragen wie „Welchen Wert hat die Demokratie? Welche Grundrechte sind wichtig?“ „Ziel war es“ laut Stock, „eine Debatte zum Thema Freiheit anzuregen und unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen.“ Im Rahmen des interaktiven Onlineprojekts, das mit einer Printanzeigenkampagne und der These
„Wahrheit darf weh tun. Die Suche danach nicht.“ startete und noch nicht abgeschlossen ist, erreichten das ZDF bisher 31.000 Onlinekommentare zu ganz unterschiedlichen Aspekten der Freiheit, erläuterte von Struve. „Wir belehren nicht, wir bieten an und moderieren“, so Stock ergänzend.
Einen Tag nach der Thüringen-Wahl sprach der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Roland Jahn, im Interview mit den Moderatoren des Abends, Florian Mayer und Ulli Wagner (beide SJV), über den Thüringer Wahlkampf, in dem es hieß, die Meinungsfreiheit sei heute so eingeschränkt wie in der DDR. Diese Behauptung sei „eine Verhöhnung der Opfer der SEDDiktatur“. Er sprach in Hinblick auf das Leben in der ehemaligen DDR von einem „Klima der Angst und der Einschüchterung“. „Die Erfahrungen, dir wir damals in der DDR gemacht haben, sind äußerst wichtig“, um, so Jahn, zu erkennen, „was es bedeutet, wenn die Meinungsfreiheit nicht mehr da ist.“
Rund 30 Jahre nach dem Fall der Mauer ging es auch um die Sehnsucht nach Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die zwar in der Verfassung der DDR garantiert waren, auf die man sich aber trotzdem nicht berufen konnte und für die am 04. November 1989 eine halbe Million Menschen in Ostberlin auf die Straße gingen. Die friedliche Demo am 9. Oktober mit 70.000 Menschen hatte schon „so eine Dynamik ins Land gebracht“, sagte Jahn. „In den Tagen darauf hatten die Bilder dann eine solche Kraft bekommen, dass in der ganzen DDR etwas losgetreten wurde. (…) Der 9. November, der Mauerfall, lag in der Luft.“
Simon Hurtz, der Koordinator des Vocer Millennial Labs, erläuterte, inwieweit Social Media bei Kommunikation, Information und Meinungsbildung als publizistischer Faktor zu beachten und zu nutzen sind, und erklärte vor dem Hintergrund der Attentate in Christchurch und Halle: „Statt mit dem Finger auf Facebook und andere soziale Netzwerke zu zeigen, sollten wir Journalistinnen und Journalisten uns lieber darauf konzentrieren, unseren Job als Meinungsbilder gut auszufüllen. Nur so behalten wir unsere Bedeutung.“
Zusammen mit der Vorsitzenden des DJV-Fachausschusses Online, Ute Korinth, und dem Vorsitzenden des Medienrates der LMS, Prof. Dr. Stephan Ory, ging es in einer engagierten Diskussion um freie Medien, Medien- und Meinungsfreiheit in der digitalen Welt von Facebook, Twitter & Co. „Bei sozialen Medien werden oftmals nur Häppchen ohne Kontext serviert. Die Kunst beim Journalismus ist das Einsortieren von Sachverhalten in Zusammenhänge und das Erklären“, sagte Ory. „Es geht darum, erst Hintergründe herauszufinden und fundiert zu berichten. Ich glaube, mit qualitativen Inhalten kann man durchaus eine große Reichweite erzielen“, ergänzte Korinth.
In einer Live-Schaltung beteiligte sich Prof. Dr. Klaus Meier aus Eichstätt an der Diskussion in Saarbrücken. Er gab eine Einordnung aus der Perspektive der Redaktions- und Journalismusforschung und betonte, Demokratie und Pressefreiheit seien die zwei Seiten einer Medaille. „Alles was demokratiefeindlich ist, ist auch ein Feind des Journalismus. Es ist eine wesentliche Aufgabe des Journalismus, Fakten in die Debatten einzubringen“, betonte der Journalistik-Professor, der sich vor allem mit crossmedialen Entwicklungen sowie Ethik und Qualität des Journalismus befasst. „Auch wer im digitalen Zeitalter neue Zielgruppen erreichen will, muss sich an die journalistischen Grundtugenden halten: Recherchieren, überprüfen, einordnen.“
Daran knüpfte Prof. Dr. Dieter Dörr, der Gründungsdirektor des Mainzer Medieninstituts nahtlos an. Er forderte die Medien dazu auf, „nicht nur umfassende Informationen zu bieten, sondern die Werte, die der Demokratie zugrunde liegen, zu pflegen, vermitteln und betonen.“ Er schloss mit den Worten: „Ich bin hoffnungslos optimistisch, was Demokratie, Presse- und Rundfunkfreiheit betrifft. Aber wir müssen uns stets für die freiheitliche Demokratie einsetzen, denn wenn sie einmal verloren ist, ist es zu spät.“
Der Vorsitzende der Siebenpfeiffer-Stiftung Dr. Theophil Gallo erinnerte in seiner Abschlussrede an den Einsatz der Hambacher für Meinungs- und Pressefreiheit. Siebenpfeiffer und Wirth hätten diese damals schon als unverzichtbare Basis für Freiheit und Demokratie erkannt.
Die Veranstaltung kann demnächst bei den Saarbrücker Medienimpulsen nachgelesen werden: www.medien-impulse.de.
Rückfragen über SJV: 0681 3908668. info@djv-saar.de #Pressefreiheit