Pop-Up Medienwelt Saar

Vielfaltssicherung, Medienkompetenz und Medienpolitik in föderalen Strukturen

PM 14/2021

Saar­brü­cken, 08.06.2021: Medi­en­viel­falt, Platt­form­re­gu­lie­rung, Medi­en­kom­pe­tenz, und eine effek­ti­ve Rechts­durch­set­zung sind nur eini­ge Stich­punk­te aktu­el­ler Her­aus­for­de­run­gen im Bereich der Medi­en­re­gu­lie­rung und Medi­en­po­li­tik. Die Lan­des­me­di­en­an­stalt Saar­land (LMS) dis­ku­tier­te u.a. mit Minis­ter­prä­si­dent Tobi­as Hans, Prof. Dr. Mark D. Cole und Lan­des­po­li­zei­prä­si­dent Nor­bert Rupp zur Viel­falt der Medienwelt.

In einem vir­tu­el­len Rund­gang durch die Fan­cy Pop-Up Gal­lery Saar­brü­cken gab die Ver­an­stal­tung am 08. Juni Impul­se zu viel­falts­si­chern­den Maß­nah­men in föde­ra­len Struk­tu­ren und reflek­tier­te aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven die Rol­le von Poli­tik, Lan­des­me­di­en­an­stalt, Medi­en­schaf­fen­den und Bürger:innen in einer immer kom­ple­xe­ren digi­ta­len Medi­en­welt. Die Online-Veranstaltung star­te­te mit einem Rück­blick der Direk­to­rin der LMS, Ruth Mey­er, auf das Medi­en­nut­zungs­ver­hal­ten der Deut­schen im Corona-Jahr 2020–2021: „Die Online-Präsenz ist unter Coro­na um wei­te­re 15% gestie­gen – bei Jugend­li­chen sogar um 25%. Die Hälf­te der Jugend­li­chen infor­miert sich heut­zu­ta­ge aus­schließ­lich über Sozia­le Medi­en. Gam­ing, das Spie­len am Com­pu­ter, ist der Wachs­tums­markt schlecht­hin und das vor allem auch bei den über 60-Jährigen.“ Inter­es­sant sei, dass in der Kri­se inhalt­lich wert­vol­le Ange­bo­te aus der kaum noch zu über­bli­cken­den Viel­falt an Unter­hal­tung, Bil­dung und Infor­ma­ti­on im Netz beson­ders gefragt waren.

Unter die­sem Vor­zei­chen der erwei­ter­ten und fast omni­prä­sen­ten Digi­ta­li­sie­rung hob Minis­ter­prä­si­dent Tobi­as Hans in sei­nem Ein­gangs­state­ment die Rol­le der Lan­des­me­di­en­an­stalt Saar­land im Zusam­men­spiel zwi­schen Inno­va­ti­ons­för­de­rung, Medi­en­re­gu­lie­rung und Medi­en­kom­pe­tenz­ver­mitt­lung her­vor: „Im digi­ta­len Zeit­al­ter geht es nicht allein um Tech­nik­kom­pe­tenz, es geht dar­um zu ent­schei­den, wel­che Infor­ma­tio­nen sind rele­vant, wel­che Infor­ma­tio­nen sind tat­säch­lich gehalt­voll und wel­che Infor­ma­tio­nen sind ver­läss­lich. Das ist etwas, was wir den Bürger:innen bei­brin­gen müs­sen, wenn wir von Medi­en­kom­pe­tenz spre­chen. Die LMS über­nimmt im Saar­land eine beson­de­re Auf­ga­be, indem sie einer brei­ten Bevöl­ke­rungs­schicht auf­zeigt, was FakeN­ews, Digi­tal Bots und Social Bubbles sind.” Neben den Her­aus­for­de­run­gen im Bereich der Medi­en­kom­pe­tenz­ver­mitt­lung beton­te Minis­ter­prä­si­dent Tobi­as Hans die Inno­va­ti­ons­för­de­rung und die Wich­tig­keit, das Saar­land als Medi­en­stand­ort wei­ter aus­zu­bau­en, z.B. über die bei der Saar­land Medi­en ange­sie­del­te Games­för­de­rung. Der Medi­en­staats­ver­trag habe dar­über hin­aus neue Regu­lie­rungs­fra­gen eröff­net, wel­che im gut ver­netz­ten Saar­land auch durch einen Aus­tausch mit der IT-Spitzenforschung im Saar­land, z.B. dem DFKI oder dem CISPA, wei­ter­ge­dacht wer­den sollten.

LMS-Direktorin Mey­er zeig­te in einer guten Stun­de mit wei­te­ren Gäs­ten, wie Prof. Dr. Mark D. Cole und Lan­des­po­li­zei­prä­si­dent Nor­bert Rupp die inhalt­li­chen Schwer­punk­te der LMS zu aktu­el­len The­men der „Pop-Up Medi­en­welt Saar“ – so der Titel der Ver­an­stal­tung – auf: „Des­in­for­ma­ti­on und Fake News“, „Die Macht der Medi­en“ sowie „Ver­fol­gen statt nur Löschen“: „Ob Hass­bot­schaf­ten, Social Bots oder algo­rith­men­ge­steu­er­te Mei­nungs­ma­che: die schüt­zens­wer­te Mei­nungs­viel­falt im Netz gerät dort an ihre Gren­zen, wo ande­re Grund­rech­te tan­giert wer­den“, ist Ruth Mey­er überzeugt.

Mark D. Cole, wis­sen­schaft­li­cher Direk­tor des Insti­tuts für Euro­päi­sches Medi­en­recht (EMR), zeig­te in sei­nem Impuls Zukunfts­per­spek­ti­ven für eine viel­falts­si­chern­de Medi­en­ord­nung auf: „Medi­en­re­gu­lie­rung ist kein Selbst­zweck und zugleich hoch rele­vant und hoch sen­si­bel. Sowohl natio­nal (und damit ins­be­son­de­re län­der­be­zo­gen), aber auch euro­pä­isch auf Ebe­ne der EU ist bzw. muss Medi­en­re­gu­lie­rung wer­te­ba­siert und grund­rechts­fun­diert sein. Zu die­sem Fun­da­ment zäh­len neben Individual-Grundrechten auch der Aus­druck der objek­ti­ven Wer­te­ord­nung.“ Ins­be­son­de­re die demo­kra­tie­re­le­van­te Funk­ti­on der Medi­en, sei bei der Siche­rung des Medi­en­plu­ra­lis­mus her­vor­zu­he­ben. Im Dia­log mit Ruth Mey­er beton­te Cole, dass es bei der Ein­hal­tung von Regeln bei der Mei­nungs­aus­ein­an­der­set­zung um mehr als nur “Nut­zer­schutz” gehe, denn das Indi­vi­du­um soll sich im demo­kra­ti­schen Dis­kurs betei­li­gen kön­nen, ohne die Befürch­tung zu haben, schutz­los straf­ba­ren For­men von “Gegen­äu­ße­rung” aus­ge­setzt zu sein: „Regeln bedür­fen – auch im sen­si­blen Bereich von Mei­nungs­äu­ße­run­gen, bei denen Ein­grif­fe auch eine mög­li­che Ver­kür­zung des Grund­rechts­ge­brauchs bedin­gen – Instan­zen, die die Ein­hal­tung über­wa­chen. Sich allein auf Durch­set­zung von Regeln durch betrof­fe­ne Indi­vi­du­en oder durch Selbst­ver­pflich­tun­gen betei­lig­ter Par­tei­en, wie z.B. Unter­neh­men, die Platt­for­men betrei­ben, zu ver­las­sen, erscheint nicht nur aus der Erfah­rung, son­dern im Blick auf die Bedeu­tung der betrof­fe­nen Rechts­gü­ter gefähr­lich und nicht hinnehmbar.“

Um genau die von Prof. Dr. Cole ein­ge­for­der­te effek­ti­ve Rechts­durch­set­zung im Netz, geht es bei dem neu­en Pro­jekt „Ver­fol­gen statt nur Löschen“, das Lan­des­po­li­zei­prä­si­dent Nor­bert Rupp und die stell­ver­tre­ten­de Lei­te­rin des Lan­des­kri­mi­nal­amts Stef­fi Dümont vor­stell­ten. Ihnen sei bewusst, dass ganz vie­le Straf­ta­ten im Netz statt­fän­den, weil die Täter:innen durch die Anony­mi­tät im Netz geschützt sei­en. In einer Face-to-Face-Kommunikation wür­den sie so etwas in der Regel nie­mals äußern. Genau hier müss­te ange­setzt wer­den, um den Nähr­bo­den für Hate­speech, Gewalt im Netz und Des­in­for­ma­ti­on zu ent­zie­hen und eine Straf­ver­fol­gung zu ermög­li­chen. Löschen allein brin­ge hier­bei wenig. Die Pilot­pha­se wür­de dem­nächst starten.

Am Ende des vir­tu­el­len Rund­gangs durch die Pop-Up Medi­en­welt Saar resü­mier­te LMS-Direktorin Ruth Mey­er: „Es gibt viel zu tun! Die gute Ver­net­zung mit gesell­schaft­lich rele­van­ten Grup­pen, mit Insti­tu­tio­nen, Bil­dungs­trä­gern und der For­schung ist ein Allein­stel­lungs­merk­mal des Saar­lands. Die­ses Netz­werk gibt uns eine weit über­durch­schnitt­li­che Wirk­kraft, viel­falts­si­chern­de Maß­nah­men deutschland- und euro­pa­weit aus dem Saar­land und für das Saar­land ein­zu­for­dern. Gemein­sam mit den im Medi­en­rat ver­tre­te­nen Grup­pen will die LMS auch wei­ter­hin die Viel­falt der regio­na­len Medi­en­welt so gestal­ten, dass sie auf dem Boden des Rechts von der saar­län­di­schen Bevöl­ke­rung kom­pe­tent und kri­tisch genutzt wer­den kann.“

Die Ver­an­stal­tung steht ab sofort auch zum Abruf unter www.youtube.com/LMSaar bereit.

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8. Juni 2021